Zwischen Studium, Leistungssport und Leben in Essen – Lina Kröger im Gespräch
Die 20-Jährige Lina schwimmt seit drei Jahren am Bundesstützpunkt Essen, kommt ursprünglich aus Bonn und studiert parallel Psychologie an der Uni Duisburg-Essen. Wir haben mit ihr über ihren Weg, ihre Herausforderungen und ihre Tipps für jüngere Schwimmer*innen gesprochen.
Von Bonn nach Essen – ein mutiger Schritt
Nach dem Abi stand für Lina fest: Sie will noch mehr aus dem Schwimmen rausholen. Also packte sie ihre Sachen und zog mit 18 Jahren nach Essen – ohne Internatserfahrung, direkt von zu Hause in die erste eigene Wohnung.
„Das war schon ein großer Schritt – neue Stadt, neue Mannschaft, dazu direkt das Studium starten. Aber ich habe viel Unterstützung bekommen und bin froh, dass ich mich getraut habe“, erzählt sie.
Heute wohnt sie nur zwei Minuten vom Schwimmbad entfernt – kurze Wege, die Gold wert sind. „Fast alle hier wohnen im Umkreis von ein paar hundert Metern. Das spart unheimlich viel Zeit.“
Studium neben dem Schwimmbad
Während andere nach dem Abi vielleicht erstmal reisen oder ein Gap Year einlegen, startete Lina sofort ins Studium. Psychologie stand ganz oben auf ihrer Liste – auch wenn es eine Last-Minute-Entscheidung war.
„Ich wollte unbedingt studieren, weil eine Ausbildung in meinen Augen noch schwerer mit dem Sport zu vereinbaren ist. Ein Studium gibt mir mehr Flexibilität.“
Heute ist sie im 6. Semester und plant, bis Sommer 2026 fertig zu werden – mit etwas Streckung. „Die Regelstudienzeit passt einfach nicht zum Leistungssport. Ich mache meistens drei statt vier Module pro Semester. Klar, das dauert länger, aber so kann ich Prüfungen und Training besser kombinieren.“
Alltag zwischen Bahn und Bibliothek
Eine typische Woche bei Lina? Klingt nach einem vollen Kalender:
– Training: Neun Wassereinheiten pro Woche, dazu Kraft- und Athletikeinheiten. Frühtraining gibt’s täglich.
– Uni: Vorlesungen, Seminare, Lernen in der Bibliothek oder von zu Hause.
– Regeneration: Mittagsschlaf ist fest eingeplant – so gut es geht.
– Soziales: Zeit mit Freunden aus der Mannschaft, aus der Uni oder am Wochenende mit Familie in Bonn.
„Natürlich gibt es Phasen, in denen es stressig wird – vor allem, wenn Prüfungen, Praktikum und intensives Training gleichzeitig laufen. Da komme ich auch mal an meine Grenzen. Aber die Trainer haben Verständnis und finden Lösungen. Manchmal reicht es dann auch, wenn ich ‚nur‘ achtmal die Woche ins Wasser gehe“, sagt Lina lachend.
Was hilft?
Zeitmanagement ist für sie das A und O. „Als Leistungssportler lernt man schon früh, die Zeit effektiv zu nutzen. Heute hilft mir das, Uni und Sport besser zu verbinden.“
Auch die kurzen Wege und die Unterstützung durch Kommiliton*innen erleichtern den Alltag. Und auch finanziell wird sie unterstützt: „Ich bekomme ein Stipendium der Sportstiftung NRW – das nimmt mir Sorgen und entlastet meine Eltern.“
Herausforderungen – und wie man damit umgeht
Klar, es gibt auch Momente, in denen Lina zweifelt. „Mit 18 sofort auszuziehen, Studium und Schwimmen gleichzeitig zu starten – das war schon hart. Vielleicht hätte ich mir rückblickend ein halbes Jahr Pause gegönnt, um erstmal in Ruhe hier anzukommen.“
Auch die Prüfungsphasen sind nicht ohne: „Sechs Wochen Dauerstress, wenig Schlaf, manchmal leidet dann die Regeneration und die Leistung im Training. Aber ich versuche, es so zu legen, dass es passt. Und irgendwie geht es immer.“
Tipps für jüngere Schwimmer*innen
Was würde Lina denen raten, die gerade im Abi stecken und überlegen, wie es weitergeht?
- Zeit lassen: Man muss nicht sofort die perfekte Entscheidung treffen.
- Auf sich hören: Überlegt, was euch wirklich Spaß macht.
- Keine Angst vor längeren Wegen: Regelstudienzeit ist kein Muss.
- Disziplin lohnt sich: Leistungssportler bringen Eigenschaften wie Struktur und Durchhaltevermögen mit.
Freunde, Team, Familie – ohne sie geht’s nicht
Trotz vollem Kalender hat Lina keine Angst, dass ihr Sozialleben zu kurz kommt. „Ich sehe meine Teamkollegen jeden Tag – wir machen auch außerhalb des Trainings was zusammen. Am Wochenende geht’s oft nach Bonn zu meiner Familie. Meine zwei Schwestern sind mir superwichtig.“
Was macht den Stützpunkt Essen besonders?
Lina schwärmt von ihrem Trainingsumfeld: „Die Trainer setzen sich sehr für uns ein und versuchen immer, Lösungen zu finden. Und auch die Mannschaft ist etwas Besonderes – wir halten zusammen, pushen uns gegenseitig und sind auch füreinander da, wenn’s mal nicht läuft.“
Besonders cool findet sie das mannschaftsübergreifende Frühtraining: „Dadurch habe ich viel Kontakt zu den Jüngeren und zu Schwimmer*innen aus anderen Gruppen. Das macht den Bundesstützpunkt Essen einzigartig.“
Blick nach vorn
Noch ist Lina mittendrin – sowohl im Schwimmen als auch im Studium. „Ich will so lange schwimmen, wie es mir Spaß macht und ich das Gefühl habe, weiterzukommen. Parallel will ich mein Studium beenden.“
Was sie sich für die Zukunft wünscht? „Mehr Flexibilität an den Unis, etwa digitale Angebote oder zwei Prüfungsphasen pro Semester. Das würde vielen Sportler*innen helfen.“
Fazit
Linas Weg zeigt: Es gibt nicht das eine richtige Modell nach dem Abi. Wichtig ist, auf sich selbst zu hören, sich Zeit zu nehmen und Strukturen zu schaffen, die zum eigenen Leben passen.
Und genau das wollen wir mit dieser Interviewreihe zeigen. Danke, Lina, dass du den Anfang gemacht hast – und so offen von deinem Alltag berichtet hast!