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SG Essen auf Platz 1 im Medaillenspiegel

Essener Athleten sorgen für Spannung und Spitzenleistungen

Kopf an Kopf jagen der Essener Hendrik Feldwehr und Marco Koch aus Darmstadt die letzten Meter durch das Wettkampfbecken in der Schwimm- und Sprunghalle im Europasportpark Berlin. Feldwehr ist nicht gewillt den Sieg herzuschenken, er will die Deutsche Meisterschaft. Aber sein Konkurrent Marco Koch will den Titel ebenfalls und attackiert den Essener ein ums andere Mal. Der Darmstätter hatte Feldwehr noch bei den Alex Athletics Swim & Fun Days im März daheim in Essen-Rüttenscheid geschlagen.

Nervenkitzel im Wettkampfbecken: Feldwehr schlägt Koch

Angefeuert von der gesamten Mannschaft, den Trainern, den Physiotherapeuten und dem Vorstand Bernhard Gemlau treibt es Feldwehr voran. Phasenweise schwimmen Feldwehr und Koch im gleichen Rhythmus. Am Ende hat Hendrik Feldwehr den besseren Zielanschlag. Das Inferno aus Trommeln und Tröten, das die Beiden bei ihrer wilden Jagd über die 100- Meter-Brust-Distanz begleitet hat, scheint für einen unendlichen Augenblick verstummt zu sein. Feldwehr und Koch gucken auf die große Anzeigentafel über der Startbrücke. Der erlösende Augenblick: Hendrik Feldwehr auf Platz 1. Nur ein Wimpernschlag trennt die beiden Athleten, die sich gegenseitig bis ans Limit gepuscht haben. Dann entdeckt Feldwehr etwas, das ihm nach dem atemraubenden Rennen sofort neue Kraft verleiht – seine Zielzeit: 59,81 Sekunden. Hendrik Feldwehr hechtet seinen muskelbepackten Körper mit einem mächtigen Sprung aus dem Wasser, den rechten Arm hoch in die Luft gestreckt, die Hand zur Faust geballt. Endlich hat er die magische Minutengrenze über 100- Meter-Brust geknackt, ohne High-Tech-Schwimmanzug, und rückt damit ein Stück näher an die Weltelite heran. Mit acht Meistertiteln und 16 Medaillen verabschiedet sich das Aufgebot der SG Essen nach den vier Wettkampftagen aus Berlin und kehrt als erfolgreichstes Team der diesjährigen Deutschen Meisterschaft nach Essen zurück: Platz 1 im Medaillenspiegel.

Top-Athletin Dorothea Brandt

Mit vier Meistertiteln ist Dorothea Brandt nicht nur die erfolgreichste Teilnehmerin der SG Essen, sondern der gesamten Veranstaltung. Die Sprintexpertin gewinnt Gold über 50-Meter- Schmetterling, über 50-Meter- und 100-Meter-Freistil und über 50-Meter-Brust. Im Rennen über 50-Meter-Brust krönt Brandt ihre großartige Vorstellung mit einem Deutschen Rekord. Nach dem 50-Meter-Sprint schlägt sie in 30,77 Sekunden an und egalisiert die Bestleistung von Kerstin Vogel aus dem Jahr 2009. Die Zeiten sind allerdings nicht zu vergleichen, denn Kerstin Vogel – heute Trainerin bei der Startgemeinschaft Essen – stellte den Rekord damals im heute verbotenen High-Tech-Anzug auf.

Titelverteidigung und Teamgeist

Caroline Ruhnau konzentriert sich bei diesen Deutschen Meisterschaften auf die 100-Meter-Brustdistanz. Bereits im Brustsprint über 50 Meter sichert sie sich in 31,20 Sekunden Silber hinter ihrer Teamkollegin Brandt und war damit „sehr zufrieden“. Über die 100-Meter-Brust verteidigt Caroline Ruhnau dann in 1:08,24 Minuten ihren Meistertitel aus dem Vorjahr. Über 50-Meter-Brust der Herren machen Hendrik Feldwehr und Erik Steinhagen den Titel unter sich aus. Beim Duell der Teamkollegen hat kein geringerer als Markus Deibler das Nachsehen. Platz 3 für den Mann aus Hamburg – Doppelsieg für die SG Essen. Hendrik Feldwehr holt in 27,49 Sekunden den Meistertitel im Brustsprint vor Erik Steinhagen (27,88 Sekunden) und schiebt sich auf Platz vier der Jahresweltbestenliste. Gold-Medaille Nummer 3 holt sich Feldwehr mit der 4×100-Meter-Lagenstaffel. Das Essener Quartett lässt sich von den in diesem Jahr dominierenden Herren aus München nicht den Schneid abkaufen. Metin Aydin (Rücken), Christian vom Lehn (Brust), Hendrik Feldwehr (Schmetterling) und Thomas Rueter (Kraul) kämpfen buchstäblich „mit dem Messer zwischen den Zähnen“. Wie Teamkollege Feldwehr im Duell mit Koch wollte auch Schlussschwimmer Thomas Rueter den Sieg der Essener Lagenstaffel nicht herschenken, legt all seine Technik, Kraft und Erfahrung in einen furiosen Schlussspurt und wehrt erfolgreich alle Attacken des Konkurrenten aus München ab. Für eine Medaille reicht es beim Nachwuchstalent Moritz Brandt bei der DM 2014 noch nicht. Der junge Mann sorgt aber für einen anderen Höhepunkt: Er knackte im Vorlauf über 200-Meter-Schmetterling mit einer Zeit von 2:01,92 Minuten einen uralten Altersklassenrekord von Michael Gross. Freiwasser-Weltmeisterin Isabelle Härle startet über 1.500-Meter-Freistil, sichert sich Silber und bleibt mit einer Zielzeit von 16:27,09 Minuten locker unter der geforderten Norm für die Heim-EM im August: 16:33,31 Minuten. Zwei weitere Silber-Medaillen für die SGE holten Kathrin Demler über 200-Meter-Lagen und die 4×200-Meter-Staffel der Herren in der Besetzung Damian Wierling, Christian vom Lehn, Robert Rauch und Felix Kusnierz. Der Youngster Damian Wierling zeigte sich bei den DM 2014 „gut aufgelegt“ und mischt munter im Konzert der etablierten Athleten mit. Im Finale über 50-Meter-Freistil schwimmt er nach Steffen Deibler und Björn Hornikel auf Platz 3.

Freudentränen & Medaillenregen

Nach Gold und Silber mit der Staffel komplettiert Christian vom Lehn mit einer Bronze-Medaille über 100-Meter-Brust seinen Medaillensatz. Die DM 2014 sind für ihn nach langer Verletzungspause der erste große Wettkampf. Michelle Lambert sorgt für den wahrscheinlich emotionalsten Moment im Wettkampfbecken. Die Brustschwimmerin schwimmt sich als Fünfte ins Finale über 200-Meter-Brust. Im Finale wollte sie sich dann ihren großen Traum erfüllen: „Einmal bei den Deutschen Meisterschaften auf dem Siegertreppchen zu stehen!“ Doch zwischen Wunsch und Wirklichkeit lagen 200 harte Meter. Völlig ausgepumpt schlägt Michelle Lambert schließlich im Ziel an, braucht eine Weile bis sie begreift: Platz 3! Michelle Lambert fasst sich an den Kopf, starrt ungläubig auf die Anzeigentafel, weint, lacht, beißt auf ihre Hand, umarmt Konkurrentin Jessica Steiger auf der Nachbarbahn. Auch ein solcher Moment zeichnet die Deutschen Meisterschaften 2014 aus.